Aufbau der Netzwerkgruppe und Weiterentwicklung der Präventionskette

Mit den Arbeitsschritten in der zweiten Phase wird die Arbeit des Netzwerks konkret aufgenommen.

Menschen sitzen an einem Tisch, auf dem Unterlagen wie Schaubilder und Diagramme liegen

Übersicht


Teilziel 1: Aufbau der Netzwerkstruktur und Gründung der Netzwerkgruppe und Gelingensfaktoren

I. Aufbau einer Projektstruktur

  • Eine funktionierende Projektstruktur sollte eine steuernde und koordinierende Ebene sowie eine operative Ebene vorsehen.
  • Arbeitsgruppen auf operativer Ebene können neben der Netzwerkgruppe weitere Akteurinnen und Akteure einbeziehen und bei der Umsetzung konkreter Angebote hilfreich sein.

II. Rolle der Netzwerkkoordination

  • Die Netzwerkkoordination hat eine zentrale Funktion innerhalb des Netzwerks. Ihre Rolle sollte frühzeitig reflektiert und geklärt werden.
  • Die Netzwerkkoordination sollte bei Themen und Angeboten die Interessen möglichst vieler Netzwerkakteurinnen und -akteure berücksichtigen.
  • Die Netzwerkkoordination sollte in die operativen Abläufe bei der Realisation neuer Angebote eingebunden sein.
    Es ist von Vorteil, wenn die Netzwerkkoordination bereits in der Kommune vernetzt ist.
  • Der Stellenanteil der Netzwerkkoordination muss groß genug sein, um die vielfältigen Aufgaben, insbesondere beim Aufbau des Präventionsnetzwerks bewältigen zu können.

III. Akteurinnen und Akteure in der Netzwerkgruppe

  • In der Netzwerkgruppe sollten Schlüsselpersonen und Entscheidungsträgerinnen und -träger mitarbeiten, weil sie das Netzwerk schnell voranbringen können.
  • Es sollte genügend Zeit für Beziehungsaufbau und Kontaktpflege beim Aufbau der Netzwerkgruppe eingeplant werden.
  • Die persönliche Ansprache ist ein erfolgsversprechender Weg zur Gewinnung von Netzwerkakteurinnen und -akteuren.
  • Potenziellen Netzwerkpartnerinnen und -partnern muss der Mehrwert einer Beteiligung für die eigene Arbeit deutlich werden. Die Erwartungshaltung der potenziellen Akteurinnen und Akteure an das Präventionsnetzwerk sollte abgeklärt werden.
  • Je langfristiger die Perspektive beim Aufbau eines Präventionsnetzwerks, umso attraktiver ist es für potenzielle Partnerinnen und Partner, sich einzubringen.

IV. Aufgaben der Netzwerkgruppe und Charakteristik der Zusammenarbeit

  • Zu Beginn des Projekts sollte ausreichend Zeit sein, um sich mit den theoretischen Grundlagen eines Präventionsnetzwerks und den Erfahrungen bestehender Netzwerke auseinanderzusetzen.
  • Verlässliche Arbeitsstrukturen und regelmäßige Treffen sind eine wichtige Grundlage für die Netzwerkarbeit.
  • Wichtig für das gute Gelingen der Zusammenarbeit sind eine transparente projektinterne Kommunikation und die gegenseitige Wertschätzung. Konkurrenzen kann durch die Betonung des gemeinsamen Ziels entgegengetreten werden.
  • Das Kennenlernen innerhalb des Netzwerks vermittelt Verständnis für unterschiedliche Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen. Dadurch wird die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten nachhaltig unkomplizierter und schneller.

V. Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und zwischen Verwaltung und freien Trägern

  • Ämterübergreifende Zusammenarbeit ist für den Aufbau eines Präventionsnetzwerks notwendig. Das Netzwerk wird damit um zusätzliche Perspektiven bereichert.
  • Zielsetzungen und Begrifflichkeiten im Hinblick auf das Präventionsnetzwerk müssen innerhalb der Verwaltung für alle Beteiligten nachvollziehbar kommuniziert werden.
  • Die unterschiedlichen Erwartungen von freien Trägern und der Kommune innerhalb eines Präventionsnetzwerks sollten transparent gemacht werden.

VI. Zusammenarbeit zwischen Landkreisen und dem Landkreis zugehörigen Städten

  • Der Landkreis sollte die Wertschätzung für das bisherige Angebot vor Ort zum Ausdruck bringen.
  • Es ist wichtig, die gegenseitigen Erwartungen über das zu schaffende zusätzliche Angebot und mögliche Fördergelder abzuklären.

Teilziel 2: Ausbau und Weiterentwicklung der Präventionskette mit neuen Angeboten und Gelingensfaktoren

I. Verbesserte Zugangswege zu bestehenden Angeboten

  • Die Analyse wenig genutzter Angebote und eventueller Zugangsbarrieren ist eine wichtige Basis für die Entwicklung niedrigschwelliger Angebote.
  • Maßnahmen, die die Bekanntheit der vorhandenen Angebotsstruktur steigern, sind beispielsweise ein Onlineportal, Infoveranstaltungen oder speziell geschulte Ansprechpersonen („Wegweiser“).

II. Neue Angebote der Standorte

  • Es ist wichtig, realistische Arbeitspakete zu planen, die im vorgegebenen Zeitrahmen umsetzbar sind.
    Neue Angebote sind erfolgreicher, wenn sie in bestehende Strukturen eingebunden werden können.
  • Wichtige Kooperationspartnerinnen und -partner für die Umsetzung neuer Angebote sind die Kindertagesbetreuung und die Schulen.
  • Angebote sollten so gestaltet werden, dass von Armut betroffene Kinder sie nicht als diskriminierend wahrnehmen.
  • Bei der Planung von Angeboten für benachteiligte Kinder sind die folgenden Aspekte besonders zu beachten: Kostenfreiheit, Möglichkeit einer spontanen Teilnahme, geringere Teilnehmendenzahl als bei anderen Zielgruppen.

III. Zielgruppen und Ansprache

  • Niedrigschwelligkeit, nicht stigmatisierende Werbung und aufsuchende Ansprache sind wichtige Prämissen bei der Zielgruppenerreichung.
  • Besonders erfolgreich ist die Ansprache von Zielgruppen über vertraute Personen.
    Fachkräfte können effektiv über die Leitungsebene ihrer Institution oder über Fortbildungsprogramme erreicht werden.

IV. Partizipation der Zielgruppen

  • Angebote können passgenauer gestaltet werden, wenn sich die Zielgruppen mit ihren Bedarfen (beispielsweise im Rahmen einer Befragung) einbringen. Bei der Planung von Angeboten sollten auch Kinder partizipieren.
    Partizipation ist zeitaufwendig.

V. Die Rolle des Ehrenamts in den Präventionsnetzwerken

  • Über Ehrenamtliche kann das Präventionsnetzwerk breiter in den Sozialräumen einer Kommune verankert werden. Ehrenamtliche tragen zur gelingenden Umsetzung konkreter Angebote bei – sie sind einflussreiche Mittlerinnen und Mittler zu den Zielgruppen.
  • Partizipation und Armutssensibilität sind zentrale Leitlinien der Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut. Nur wenn Angebote armutssensibel gestaltet sind und aktive Beteiligung möglich ist, kann es gut gelingen, armutsgefährdete Kinder und Jugendliche zu erreichen. Akzeptanz und die Annahme von Unterstützungsangeboten können so gesteigert werden. Praxisorientierte Texte in der im Auftrag des baden-württembergischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration veröffentlichten Broschüre zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, Armutssensibilität und Partizipation in der Arbeit mit armutsgefährdeten Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien zu realisieren und welche relevanten Punkte dabei zu beachten sind. Ergänzt werden diese Texte durch ausführliche Beispiele aus den Präventionsnetzwerken gegen Kinderarmut, die zeigen, wie eine konkrete Umsetzung in der praktischen Arbeit gut gelingen kann. 

Näheres siehe “Armutssensibilität und Partizipation als Themen der Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut” (PDF)


Teilziel 3: Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Gelingensfaktoren

I. Wahl eines Schwerpunktthemas, z.B. Kindergesundheit

  • Es greift zu kurz, wenn der verwendete Armutsbegriff auf materielle Armut beschränkt bleibt. Stattdessen sollte Armut multidimensional begriffen werden (Lebenslagenansatz).
  • Es ist wichtig, eine Kommunikationsstrategie gegenüber Politik und Öffentlichkeit zu entwickeln. Das Thema Kindergesundheit ist z.B. positiver besetzt, über das Thema Kinderarmut kann dagegen eine stärkere Betroffenheit erzielt werden.

II. Sensibilisierung der Projektmitwirkenden und der Fachöffentlichkeit

  • Empirische Daten sind ein guter Weg, um die Verknüpfung von Kinderarmut und Kindergesundheit zu verdeutlichen.
  • Fachtage und die Vorstellung des Netzwerks in Gremien und Ausschüssen machen das Präventionsnetzwerk in der Fachöffentlichkeit bekannt, zeigen Handlungsbedarf auf und motivieren zur Mitarbeit.
  • Wichtige Themen für die Fachöffentlichkeit sind die Auseinandersetzung mit verdeckter Armut und die Entwicklung einer armutssensiblen Haltung.