Themenfelder und Schwerpunkte

Das Armutsverständnis der kommunalen Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut bezieht sich nicht nur auf Einkommensarmut. Es geht vielmehr darum, die Benachteiligung von armutsgefährdeten Kindern in unterschiedlichen Lebensbereichen wie beispielsweise Bildung, Kultur, Freizeitaktivitäten, Sport oder Gesundheit zu vermindern und eine weitgehend gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen.

Die bestehenden Standorte der Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut verfolgen unterschiedliche Themenfelder und Schwerpunkte in ihrer Arbeit. Hier werden einige davon vorgestellt und jeweils mit Beispielen aus der konkreten Arbeit an einem oder mehreren Standorten verbunden. Es wird jeweils gezeigt, in welchem Zusammenhang die Beispiele zu den Lebenslagendimensionen stehen.

Themenfeld Gesundheit

Themenfeld Armutssensibilität

Themenfeld Freizeit und Bildung

Themenfeld Lotsensysteme

Themenfeld Familienpatenschaften

Themenfeld Mobilität


Gesundheit

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
Prämien für Vereinseintritte (Ostalbkreis)    
Kostenfreie Mittagessenskisten für Familien (Heilbronn)    
Kostenfreie Schwimmkurse (Tübingen)    

Kinder aus benachteiligten Familien haben oft einen schlechteren gesundheitlichen Status als Kinder, deren Familien nicht armutsgefährdet sind. Dieser Zusammenhang zwischen dem elterlichen Einkommen, Bildungsniveau sowie berufsbezogenen Position einerseits und der kindlichen Gesundheit andererseits zeige sich in zahlreichen Studien und wird in dem Bericht „Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg“ (PDF) auch für Baden-Württemberg deutlich. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Gesundheit von 97 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die nicht als armutsgefährdet gelten, durch ihre Eltern als gut oder sehr gut eingeschätzt wird. Dasselbe gilt hingegen nur für 87 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in armutsgefährdeten Haushalten aufwachsen.

Armutssensibilität

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
Podcast und Fortbildungsbaustein zu Armutssensibilität (Ortenaukreis)    

Armutssensibilität kann als Voraussetzung für eine effektive Armutsprävention betrachtet werden. Durch eine armutssensible Haltung können Problemlagen rund um Armut und damit verbundener Diskriminierung sowie eingeschränkte Partizipationsmöglichkeiten erkannt und fokussiert werden. Armutssensibilität kann dazu beitragen, dass Stigmatisierung und Benachteiligung vermieden wird, Hürden für Armutsbetroffene gesenkt werden und Teilhabe aller ermöglicht wird. Weitergehende Informationen finden Sie in der Broschüre “Armutssensibilität und Partizipation als Themen der Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut” (PDF) in der Reihe "Strategien gegen Armut".

Freizeit und Bildung

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
KreisBonusCard (Landkreis Tübingen)    
KiJu-Karte (Singen)    
Informationen zum Bildungs- und Teilhabepaket (Ortenaukreis)    
Mittagessen und Freizeitangebote (Mannheim)    

Für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist es grundlegend, dass sie ihre Freizeit nach eigenen Wünschen gestalten, an außerunterrichtlichen Angeboten teilnehmen und somit am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Finanzielle Aspekte können eine Barriere für die Teilhabe junger Menschen darstellen. Um allen Kindern und Jugendlichen ein breites Freizeit-, Sport- und Kulturangebot zu ermöglichen, gibt es mehrere Fördermöglichkeiten. Über das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) des Bundes können unter bestimmten Voraussetzungen beispielsweise Kosten für eine Vereinsmitgliedschaft, Nachhilfe oder Instrumente bezuschusst bzw. erstattet werden. Dies erfolgt durch Geldleistungen oder die Ausstellung von Gutscheinen durch die jeweilige Stadt oder Gemeinde. Eine weitere Unterstützung von Familien ist der Landesfamilienpass des Landes Baden-Württemberg. Mit dem Landesfamilienpass und der zugehörigen Gutscheinkarte können Familien kostenfrei oder vergünstigt zahlreiche Museen, Schlösser und Gärten im Land besuchen. Der Pass kann bei der zuständigen Stelle des Wohnorts unter bestimmten Voraussetzungen beantragt werden.

Lotsensysteme

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
Präventionslotsen (Landkreis Lörrach)    
Tübinger AnsprechPersonen TAPs (Tübingen)    

Präventionsnetzwerke gegen Kinderarmut stehen vor der Herausforderung, dass manche Kinder, Jugendliche und ihre Familien mit vorhandenen Angeboten nur schwer erreicht werden können. Ein Ansatz, um bessere Zugänge und Informationswege insbesondere für armutsgefährdete Familien zu schaffen, ist die Einrichtung von Lotsensystemen. Diese sollen dazu beitragen, Bedarfe zu erkennen, Informationen über vorhandene, den Bedarfen entsprechende Beratungs- oder Unterstützungsangebote aus verschiedenen Systemen und Trägerschaften an Familien weiterzugeben, ihren Nutzen zu erklären und an andere Anlaufstellen zu vermitteln. Familien stehen wiederkehrend und langfristig in Kontakt mit Einrichtungen des Bildungs- und Gesundheitssystems. Solche Institutionen können beispielsweise Informationen zu weiteren Stellen und Angeboten an viele Familien weitergeben und eignen sich besonders als Lotse. Häufig vertrauen Eltern den ihnen bekannten Fachkräften, was die Hürde, eine Empfehlung anzunehmen, senken kann. Eine Hilfestellung bei der Entwicklung eines Lotsensystems bietet das Analyseinstrument zum systematischen Aufbau von Lotsensystemen des Präventionskettenprogramms Nordrhein-Westfahlen und des ISA-Instituts in Münster.

Familienpatenschaften

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
Familienpatenschaften Plus (Schorndorf)    

Familienpatinnen und Familienpaten sind Ehrenamtliche, die Eltern im manchmal herausfordernden Alltag entlasten. Für Familien, die nicht über ausreichende Netzwerke verfügen, armutsbetroffen sind oder sich in anderen belastenden Lebenssituationen befinden, kann eine solche Unterstützung besonders wertvoll sein. Familienpatinnen und Familienpaten begleiten Familien meist einige Stunden pro Woche und helfen niedrigschwellig im Alltag, je nach individuellem Bedarf der Familie. Das kann die Freizeitgestaltung mit Kindern, die Begleitung zu Arztpraxen und Behörden oder die Hilfe beim Einkaufen und Kochen sein. Von der ehrenamtlichen Unterstützung profitieren auch die Kinder der Familie, etwa, wenn ihre Eltern Zeit zur Erholung finden oder die Familienpatin bzw. der Familienpate besondere Freizeitaktivitäten ermöglicht (nähere Informationen siehe Netzwerk Familienpaten Baden-Württemberg).

Mobilität

KurzbezeichnungEinkommenSoziale TeilhabeKulturelle TeilhabeGesundheit
Sozialtickets und günstige Fahrradreparatur (Tübingen)    
Soziale Radwerkstatt (Singen)    

Eine der weniger beachteten Folgen von Kinderarmut ist die eingeschränkte Mobilität von Familien. Für betroffene Familien bedeutet eine finanzielle Mangellage, dass sie ihren Sozialraum eingeschränkter verlassen können als Familien die auf eine höhere finanzielle Ausstattung zurückgreifen können. Dies erschwert oder verhindert das Wahrnehmen von Bildungsangeboten, Freizeitaktivitäten oder den Erhalt sozialer Beziehungen. Damit einher geht die räumliche Segregation. Einkommensbenachteiligte Familien leben häufig in Stadtteilen und Quartieren, die schlecht an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind und von sich aus wenige Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebote bieten. Dieser erschwerte Zugang kann die Bildungschancen entscheidend beeinflussen. In Zeiten nicht flächendeckender medizinischer Grundversorgung ist der gesundheitliche Aspekt bei eingeschränkter Mobilität besonders relevant. Lange Fahrtwege, fehlende Transportmittel oder hohe Ticketpreise können regelmäßige Arztbesuche, Termine bei der Logopädie oder präventive Sportangebote erschweren und somit eine adäquate gesundheitliche Versorgung erheblich behindern.