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Daten und Fakten über Kinderarmut in Baden-Württemberg

Kinder und Jugendliche in Baden-Württemberg weisen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein überdurchschnittlich hohes Armutsrisiko auf. Im Jahr 2021 waren 20,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in Baden-Württemberg armutsgefährdet. Damit trugen sie nach den 18- bis unter 25-Jährigen (23,5 Prozent) das zweithöchste Armutsrisiko unter den Altersgruppen. Hingegen lag die Armutsgefährdungsquote der Gesamtbevölkerung Baden-Württembergs im Jahr 2021 bei 16,4 Prozent. Mädchen und Frauen sind durch alle Altersgruppen hinweg etwas stärker von Armut gefährdet als Jungen und Männer.

Auffällig ist die starke Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Unter 18-Jährige mit Migrationshintergrund trugen im Jahr 2021 in Baden-Württemberg ein Armutsrisiko von 31,1 Prozent, während unter 18-Jährige ohne Migrationshintergrund ein Armutsrisiko von 11,2 Prozent hatten.

Betrachtet man die Daten nach Haushaltsformen, so zeigt sich: Kinder bzw. Jugendliche von Alleinerziehenden trugen 2021 das höchste Armutsrisiko (38,2 Prozent bei einem Kind). Dieses nahm mit jedem Geschwisterkind deutlich zu (46,9 Prozent bei zwei Kindern und 64,1 Prozent bei drei oder mehr Kindern). Auch Kinder in Mehrkindfamilien (mindestens drei Kinder) mit zwei Erwachsenen trugen 2021 ein vergleichsweise hohes Armutsrisiko von 31,9 Prozent. Kinder in Haushalten mit zwei Erwachsenen und ein oder zwei Kindern wiesen hingegen eine unterdurchschnittliche Armutsgefährdungsquote von 12,4 Prozent (bei einem Kind) bzw. 16,9 Prozent (bei zwei Kindern) auf.

Die Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren variiert mit ihrem Alter. Kinder unter drei Jahren hatten 2021 ein Armutsrisiko von 20,4 Prozent. Wenn man von den 3 bis unter 6-Jährigen absieht (19,9 Prozent), steigt das Armutsrisiko der Kinder mit zunehmendem Alter an (6 bis unter 15 Jahre = 20,9 Prozent und 15 bis unter 18 Jahre = 21,8 Prozent).

Beim Blick in die Zukunft unserer Kinder gilt es Folgendes zu beachten: Personen mit niedrigem Bildungsstand (ISCED 0-2) waren im Jahr 2021 zu 30,3 Prozent und Erwerbslose zu 44,7 Prozent armutsgefährdet. Aber auch Menschen in Erwerbstätigkeit waren im Jahr 2019 zu 8,8 Prozent von Armutsgefährdung betroffen („in work poverty“).

Sechster Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (Mai 2021)
Statement von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: „Der Bericht zeigt, wo es Licht und Schatten gibt: Positiv ist, dass vor der COVID-19-Pandemie alle Einkommensbereiche von der damals günstigen Wirtschaftsentwicklung profitiert haben. Auch im unteren Bereich sind die Löhne gestiegen und die Erwerbstätigkeit hat zugenommen. Der gesetzliche Mindestlohn hat gewirkt: Die Stundenlöhne bei den Beschäftigten im untersten Zehntel der Einkommensverteilung sind in den letzten Jahren am stärksten gestiegen. Allerdings müssen wir feststellen, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine Verfestigung von Armutslagen ergeben hat: Für Langzeitarbeitslose und Menschen, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, existieren zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten. Auch der Umstand, dass viele Menschen unsere Gesellschaft als sehr polarisiert wahrnehmen, zeigt, dass wir den sozialen Zusammenhalt stärken müssen.
Die Ergebnisse des Berichts bestärken mich daher in meinem Ziel, dass wir für mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt sorgen müssen: Wir brauchen schnellstmöglich einen gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro / Stunde, wir müssen die Tarifbindung stärken, und die Grundsicherung für Arbeitsuchende muss reformiert werden.“
> Mehr Informationen zum Bericht

Modulares Konzept der Armutsberichterstattung in Baden-Württemberg

Bericht „Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg“ (2021)

Der ungefähr 100-seitige Bericht, der von der FamilienForschung im Statistischen Landesamt im Auftrag des Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration erstellt wurde, nimmt die Bedingungen für ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in den Blick. Der Fokus liegt dabei auf empirischen Ergebnissen zu verschiedenen Dimensionen der Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen und den diesbezüglichen kommunalen Handlungsmöglichkeiten. Darüber hinaus umfasst er Praxisbeispiele und Ergebnisse verschiedener Beteiligungsprozesse, die die Berichterstellung flankiert haben. An zentralen Stellen werden auch mögliche coronabedingte Langzeitfolgen für Kinder und Jugendliche erörtert.

> Direkt zum Bericht (PDF-Format)

Trickfilm "Versteckte Helden" zum Thema Kinderarmut

Am 4. Mai 2022 fand die Weltpremiere des Trickfilms "Versteckte Helden" beim Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart statt. Der Film „Versteckte Helden“ steht nun auch online zur Verfügung.

Die Koordinierungsstelle MACH DICH STARK führt zusammen mit der veranstaltenden Film- und Medienfestival gGmbH, dafür ein Projekt durch, das mit Landesmitteln gefördert wird. Der Trickfilm wurde vom 2D Studio Monströös entwickelt.

Mit einem kurzen Animationsfilm wird über die Ursachen und Hintergründe aufgeklärt und es soll aufgezeigt werden, dass die Auswirkungen von Kinder- und Familienarmut nicht nur jedes einzelne Kind sondern unsere Gesellschaft im Gesamten betreffen. Der Film macht sichtbar, dass Kinderarmut kein Individualversagen oder Einzelschicksal ist, sondern dass es strukturelle Ursachen und Wirkungen gibt, die diese Lebenslage manifestieren. Darüber hinaus stehen insbesondere die Lösungsansätze zur Bekämpfung von Kinderarmut und die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit unserer Gesellschaft im Mittelpunkt: Was muss geschehen, dass alle Kinder und Jugendlichen stark und chancenreich sind?

Wir möchten Sie ausdrücklich dazu auffordern, diese Information weiterzuverbreiten und den Film bei Ihrer Arbeit einzusetzen!

> Trickfilm "Versteckte Helden" (YouTube)

Liste mit Materialien zur Bearbeitung des Themas Armut mit Kindern und Jugendlichen

Die Liste enthält Informationen zu Statistikmaterial, zur konzeptionellen Gestaltung im Unterricht sowie zu Kinder- und Jugendliteratur und Kurz-Filmen zum Thema Armut.

> Liste mit Materialien (PDF-Format vom 21. August 2023)

Einführung einer Kindergrundsicherung

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg setzt sich seit vielen Jahren für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein. Die Einführung einer Kindergrundsicherung ist ein geeigneter Baustein zur Vermeidung von Kinderarmut. Notwendig ist ein vom Kind aus gedachtes Gesamtkonzept gegen Kinderarmut und zur Beseitigung ihrer Folgen. Kinder sind mehr als Teil ihrer Familien oder mehr als in ihrer Funktion als Schülerinnen und Schüler, sie sind eigene Subjekte und müssen mit ihren eigenen Bedarfen umfassend betrachtet werden. Ein Konzept muss so gestaltet sein, dass bisher bestehende bürokratische Hürden abgebaut und Verbesserungen durch eine Weiterentwicklung der kind- und familienbezogenen Leistungen angestrebt werden.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat am 30. August 2023 den Referentenentwurf zur Kindergrundsicherung sowie ein Einigungspapier der Ressorts an die Länder und die Verbände zur Stellungnahme versandt. Mit der Kindergrundsicherung sollen laut Entwurf bessere Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen, mehr Familien und ihre Kinder mit Unterstützungsbedarf erreicht sowie Kinderarmut wirksam bekämpft werden. Die Kindergrundsicherung wird aus drei Bestandteilen bestehen:

  • dem einkommensunabhängigen Kindergarantiebetrag für alle Kinder und Jugendlichen, der das Kindergeld ablöst,
  • dem einkommensabhängigen und altersgestaffelten Kinderzusatzbetrag, der insbesondere den Kinderzuschlag (und den Regelsatz in Bürgergeld/Sozialhilfe ablöst,
  • sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe.

Alle drei Komponenten sollen laut Bundesfamilienministerium dazu beitragen, das Existenzminimum eines Kindes zu sichern. 

Es geht nun darum, den Entwurf in der Länderbeteiligung und im Bundesratsverfahren kritisch dahingehend zu prüfen, ob die Familien die ihnen zustehenden Leistungen wirklich einfach und aus einer Hand beantragen können.
 

Inanspruchnahme des sogen. Bildungs- und Teilhabepakets in Baden-Württemberg

Das Bildungs- und Teilhabepaket umfasst sechs verschiedene Leistungen: die Lernförderung, die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, die Schülerbeförderung, die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung, (Schul-) Ausflüge und mehrtägige Klassenfahrten, sowie die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft (Teilhabeleistung).

Einen Anspruch auf die Leistungen gibt es durch das Zweite und Zwölfte Sozialgesetz-buch, also SGB II und SGB XII, sowie durch das Bundeskindergeldgesetz (BKiGG; hier: Kinderzuschlag), das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und das Wohngeldgesetz (WoGG). Außerdem können Eltern, die zwar keine dieser Sozialleistungen beziehen aber trotz allem den Bildungs- und Teilhabebedarf ihres Kindes aufgrund des zu geringen Einkommens nicht abdecken können, leistungsberechtigt sein.

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Leistungen beziehen, sofern sie eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten. Eine Ausnahme stellt die Teilhabeleistung dar, hier können Leistungen nur bis zum vollendeten 18. Lebensjahr beansprucht werden.

Der Anspruch der Kinder auf die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets leitet sich immer aus einem Anspruch der Eltern bzw. der Bedarfsgemeinschaft auf eine Sozialleistung ab. Es besteht also kein eigenständiger Anspruch der Kinder auf diese Leistungen.

Zwischen dem 12. April und dem 11. Juni 2021 fand in Baden-Württemberg eine Befragung zur Inanspruchnahme der Leistungen des Bildung- und Teilhabepakets statt. Befragt wurden alle 44 Stadt- und Landkreise. Initiatoren der Befragung waren das baden-württembergische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, das Ministerium der Justiz und für Migration, das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, das Ministerium für Verkehr sowie der Städtetag und der Landkreistag Baden-Württemberg. Die Ergebnisse wurden in einem Evaluationsbericht veröffentlicht.

> Evaluationsbericht (PDF-Format)

In den Landkreis-Nachrichten, Ausgabe 4/2021 wurde auf den Seiten 336-337 eine Kurzfassung des Evaluationsberichts veröffentlicht.

Kinderreporterinnen und Kinderreporter

Im Rahmen der Strategie „Starke Kinder – chancenreich“ wurden Kinder und Jugendliche auch direkt beteiligt. Ziel war es, Kindern und Jugendlichen direkt zuzuhören und sie teilhaben zu lassen, denn: Kinder und Jugendliche können für sich und ihre Lebenslage selbst sprechen.

Dafür wurde ein Team von Kinderreporterinnen und Kinderreportern beauftragt. Kinder haben Kinder darüber interviewt, was sie stark macht und woher sie Kraft schöpfen. Daraus sind drei Kurzfilme entstanden, die online verfügbar sind (YouTube):
- in Friedrichshafen
- in Tübingen
- in Reutlingen

Rückblick: Strategie „Starke Kinder – chancenreich“ 2020/2021

„Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb müssen wir Kindern zuhören, sie teilhaben lassen, ihre Belange in den Mittelpunkt stellen und sie schützen.“

Minister Manfred Lucha MdL

Unter diesem Fokus verfolgte das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg von März 2020 bis Dezember 2021 die Strategie „Starke Kinder – chancenreich“. Ziel war es dazu beizutragen, dass Kinder, Jugendliche und deren Eltern in allen Lebenslagen gute Angebote der Förderung und Unterstützung erhalten, so dass sich Armutsgefährdung im Kindesalter nicht nachteilig auf die Möglichkeiten der sozialen Teilhabe im gesamten Leben auswirkt.
Dafür hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration ein Paket mit vielen zusätzlichen Maßnahmen geschnürt, um Kinder und Jugendliche zu stärken.
Zusammen mit vielen Akteurinnen und Akteuren, die sich gegen Kinderarmut im Land engagieren, konnte trotz Corona-Bedingungen ein sehr gutes Ergebnis erreicht werden, von dem viele armutsgefährdete Kinder, Jugendliche und deren Eltern im Land profitieren können.

Im Abschlussbericht werden die wichtigsten Arbeitsergebnisse der fast zweijährigen Strategie vorgestellt. Es wird ein Ausblick auf weiterführende Maßnahmen zur Bekämpfung und Prävention von (Kinder-)Armut gegeben.

> Abschlussbericht: Strategie „Starke Kinder – chancenreich“ – Ergebnisse und Ausblick (PDF-Format)
> Strategiepapier vom 5. März 2020 (PDF-Format)
> Prospekt zur Strategie „Starke Kinder – chancenreich“ (PDF-Format)

Bei einem Online-Fachgespräch am 28. April 2021 ist das Thema kommunale Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vertieft und weitergedacht worden. Die Diskussion hat sich auf die Frage konzentriert, was es gewissermaßen „obendrauf“ an Ressourcen und Infrastruktur braucht, um auch benachteiligte Kinder und Jugendliche in kommunalen Prozessen zu beteiligen. Es ist eine Zusammenstellung entstanden, die auf die Frage eingeht, worauf es ankommt, wenn man benachteiligte Kinder und Jugendliche aus armutsgefährdeten Familien beteiligen will, und welche Best-Practise-Beispiele es dazu in Baden-Württemberg gibt.

> Zusammenstellung zum Online-Fachgespräch (PDF-Format)